In der zehnten Klasse wird man vom System gezwungen ein sogenanntes Pflichtpraktikum durchzuführen. Da führt absolut kein einziger Weg dran vorbei. Ich habe lange nach einer Idee gesucht, in welchem Bereich es sich lohnen könnte, reinzuschauen und bin relativ schnell auf das Berufsfeld des „Mediengestalters Bild und Ton“ gestoßen. Als Konsequenz ergab sich ein Bewerbungsmarathon für verschiedene Firmen und Institutionen, alle erfolglos.
Durch Zufall (und die Aufmerksamkeit meines Vaters) hat es sich ergeben, dass in meiner Heimatstadt Bergisch Gladbach in einer kleinen Lokalnachrichten-Produktionsfirma ein Platz frei wurde. Innerhalb der Woche habe ich mich sehr viel im Bereich der Postproduktion aufgehalten. Auch sonst war das Praktikum kein besonders ergiebiger Ort, um etwas zu lernen – dazu war die Firma leider eher ungeeignet, was ich im Nachhinein unter anderem an fehlendem professionellem Equipment und fehlender Liebe fürs Detail festmache, und das obwohl das Unternehmen – als lokaler Verein organisiert – innerhalb der Stadtpolitik doch recht tief verwurzelt ist, wie ich im Nachgang durch das Kulturbüro lernen durfte. Man sollte also meinen, dass es der Firma an nichts mangeln sollte; das war leider nicht der Fall.
Es gab jedoch einen kleinen positiven Moment innerhalb der Praktikums. Wir sind zu einem Pressetermin nach Troisdorf-Spich gefahren, um einen Beitrag für die aktuelle Deutschlandtour von „Grease – The Musical“ zu drehen. Das komplette Cast hat exklusiv für die Presse ein paar Szenen gespielt und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir nicht gefallen hat, was ich an diesem Tag gesehen habe. Ein ungekanntes Berufsziel zeigte sich mir an diesem Tag vor meinen Augen. Das war der Moment, wo ich die Option in Betracht zog, selbst etwas im Musical-/Theaterbereich zu machen.
Rückblickend betrachtet wird dieser Tag auch derjenige gewesen sein, der mich in meiner Wahl der Berufsausbildung nachhaltig und am stärksten geprägt hat, denn ich habe ja nach meinem Abitur – wie bereits erwähnt – eine Ausbildung zur „Fachkraft für Veranstaltungstechnik“ angefangen, um eben diesem Musical- und Theaterphänomen im Backstage nahe sein zu können. Dieser Pressebesuch erklärt darüber hinaus auch meine weiteren Wege innerhalb der darstellenden Kunst. Ich habe noch während meines letzten Jahres in der Ausbildung angefangen mit Gesangsunterricht und dort stetig, mich auf eine eventuelle Aufnahmeprüfung nach Abschluss der Berufsausbildung vorzubereiten. Der Gesangsunterricht war übrigens derjenige, der mich von allen Disziplinen am meisten geprägt hat. Ich hatte eine wirklich wunderbare, zielstrebige und einfülsame Lehrerin, wie man sie sich nur wünschen kann. Wer mag, kann hier mehr über sie erfahren. Ebenso habe ich in Ballettkurse reingeschnuppert und Schauspielunterricht besucht…
…bis ich gemerkt habe, dass ich mit all dem großartigen Zeug nichts anfangen kann. Ich weiß auch nicht, aber so rückblickend betrachtet: Ich habe mich schwer mit dem Üben und Auswendiglernen getan – gedanklich war ich glaube ich schon zu weitreichend in der Arbeitswelt verankert, um mich an die Vorstellung zu gewöhnen, vielleicht doch für eine Aufnahmeprüfung vorzusprechen, was eben auch bedeutet: Üben, üben, üben.
Also starb dieser kleine Traumausflug an meiner eigenen Lethargie. Nichtsdestotrotz bin ich nach wie vor eingefleischter Theaterfan und Liebhaber der Bühnenkunst. Insbesondere Kammertheaterstücke und Kleinkunstperformance liegt mir, was auch nicht zuletzt aus Produzentensicht darauf zurückzuführen ist, dass laufende Kosten in der Kleinproduktion ja tatsächlich so herrlich niedrig sind. Meinen Traum von einem eigenen Theaterstück habe ich mir 2019 dann schließlich doch noch erfüllt. Ich stand zwar nicht selbst auf der Bühne, aber hatte die Gelegenheit als Autor, Regisseur und technischer Leiter die komplette Produktion eigenverantwortlich durchzuführen. Im nächsten Beitrag erfährst du mehr dazu.
~TOBIAS
Wie hat Dir der Artikel gefallen? Lass doch gerne eine Bewertung da, damit ich besser werden kann. Danke!